Neonazi-Szene in M-V: aktiv und ungehemmt

Zur Antwort der Landesregierung auf ihre Kleine Anfrage „Veranstaltungen der rechtsextremen Szene 2018“ (Drs. 7/3292, Anlage) erklärt die Abgeordnete der Linksfraktion, Karen Larisch:

„Mindestens jeden dritten Tag veranstalteten Neonazis und Rassisten eine Propagandaaktion in Mecklenburg-Vorpommern. Laut Landesregierung trafen sich die Menschenfeinde vom rechten Rand im vergangenen Jahr mehr als 130 Mal zu Kundgebungen, Demonstrationen, Patrouillenmärschen, völkischen Sonnenwendfeiern, Plakatierungen und anderen Aktionen. Die Neonazi-Szene im Land kann hierbei offenbar frei agieren. Circa 50 Veranstaltungen wurden der Polizei erst im Nachhinein bekannt. Angesichts dieser hohen Zahl frage ich mich, wie hoch die eigentliche Dunkelziffer an neonazistischen Veranstaltungen in Mecklenburg-Vorpommern ist.

Die Neonazis wappnen sich auch im Nordosten weiterhin aktiv für den Straßenkampf. Wie bereits 2017, haben auch im vergangenen Jahr wieder ‚legale Wehrsportübungen‘, wie Nahkampf- und Kampfsporttrainings, stattgefunden. Völlig ungeniert präsentieren die gewaltaffinen Neonazis aus dem Raum Rostock mittlerweile ihren Kampfverband ‚Baltik Korps‘ im Internet. Personen aus diesem Umfeld sind international in der Szene vernetzt und treten kontinuierlich bei einschlägigen Kampfsportveranstaltungen, wie dem ‚Kampf der Nibelungen‘ oder ‚Tiwaz‘, in zentraler Funktion in Erscheinung. Diese Entwicklung muss von den Behörden besonders ernst genommen werden, wenn hier die Entstehung neuer paramilitärischer Gruppen verhindert werden soll.

Wie unbeeindruckt sich die Szene vor staatlicher Verfolgung zeigt, verdeutlicht sich zudem im Musikgeschäft. Während das militante ‚Blood&Honour‘-Netzwerk vor knapp zwanzig Jahren in Deutschland verboten wurde, nehmen Neonazis aus Mecklenburg-Vorpommern an den entsprechenden Konzerten im Ausland teil. Hier zeigt sich abermals, dass Verbote keine nachhaltige Strategie im Kampf gegen die extreme Rechte darstellen – sie können maximal ein Baustein sein. Erst am letzten Wochenende trat ein hiesiges, mutmaßliches Mitglied der Gruppierung ‚Combat18‘, die als bewaffneter Arm der verbotenen Organisation gilt, im thüringischen Leinfelde im T-Shirt der schwedischen ‚Blood&Honour‘-Division auf.

Obwohl die Landesregierung mehrere Monate zur Beantwortung meiner Kleinen Anfrage benötigte, erscheint es fraglich, ob diese auch vollständig ist. Während der Innenminister bei der Vorstellung der Statistik zur Politisch motivierten Kriminalität im April noch von 18 Musikveranstaltungen der rechten Szene im vergangenen Jahr sprach, sind in der Antwort der Landesregierung lediglich sieben Konzerte und Liederabende zu finden.“